Mandanteninformation Januar – Februar 2012

1. Januar 2012

GESETZGEBUNG

Bundesrat verabschiedet Gesetzespaket

Der Bundesrat hat am 25. 11. 2011 das sog. Beitreibungsrichtlinie- Umsetzungsgesetz verabschiedet. Eine Auswahl wichtiger Änderungen im Überblick:

  • Berufsausbildung/Erststudium: Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium bleiben außerhalb eines Dienstverhältnisses rückwirkend für Veranlagungszeiträume ab 2004 Sonderausgaben. Zugleich steigt die Höchstgrenze ab 2012 auf 6.000 €.
  • Riester-Rente: Ab dem Beitragsjahr 2012 wird ein Mindestbeitrag von 60 € pro Jahr für die im Rahmen der steuerlich geförderten Altersvorsorge mittelbar zulageberechtigten Personen eingeführt. Damit soll eine Rückforderung von Altersvorsorgezulagen aufgrund eines Wechsels des Zulagestatus vermieden werden. Gemeint sind hier vor allem Mütter, die durch die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mittelbar, sondern in den ersten drei Lebensjahren ihres Kindes unmittelbar zulageberechtigt sind. Zulageberechtigte, die in der Vergangenheit in Unkenntnis ihres Zulagestatus keine oder zu geringe Altersvorsorgebeiträge geleistet haben, können für die Zulage in bestimmten Fällen Beiträge nachträglich entrichten.
  • Kindergeld/Kinderfreibetrag: Erweiterung des Katalogs der Freiwilligendienste beim Kindergeld um den Bundesfreiwilligendienst (ab dem Veranlagungszeitraum 2011).
  • Abgeltungsteuer/Kirchensteuer: Ab 2014 wird ein automatisiertes Verfahren für den Kirchensteuerabzug bei abgeltend besteuerten Kapitalerträgen eingeführt. Die Bank fragt dann die für den Kirchensteuerabzug relevanten Daten beim Bundeszentralamt für Steuern ab, sofern der Kunde diese nicht bereits mitgeteilt hat. Widerspricht der Anleger diesem Abruf, erfolgt die Veranlagung zur Kirchensteuer erst über die Einkommensteuererklärung.
Neue Regeln für Existenzgründer

Hintergrund: Auf den Gründungszuschuss hat derzeit einen Rechtsanspruch, wer Arbeitslosengeld (ALG I) beziehen kann, ein Gewerbe angemeldet hat und seiner Arbeitsagentur ein Geschäftskonzept vorlegt, das zuvor von einer fachkundigen Stelle, beispielsweise einer IHK, für tragfähig befunden wurde. Neun Monate erhält der Gründer dann einen Zuschuss in Höhe des ALG I, zuzüglich 300 € zur sozialen Sicherung. Legt er hiernach der Agentur die Ernsthaftigkeit seiner Selbständigkeit dar, kann er für weitere sechs Monate 300 € erhalten.

Aktuelle Änderungen: Nach dem „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ werden künftig die Arbeitsagenturen nach eigenem Ermessen entscheiden, ob der Zuschuss gewährt wird. Die Maximalförderung wird von neun auf sechs Monate verkürzt, entsprechend die zweite Förderphase auf neun Monate verlängert. Antragsteller müssen zudem noch mindestens 150 Tage Restanspruchsdauer auf ALG I nachweisen, bislang sind es 90 Tage. Ein Antragsteller mit einem ALG-I-Anspruch von einem Jahr muss also ab Beginn seiner Arbeitslosigkeit innerhalb von sieben Monaten seinen Antrag stellen; bislang hat er hierfür neun Monate Zeit.

Zwar hatte der Bundesrat die vom Bundestag vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zunächst zurückgewiesen. Doch der Vermittlungsausschuss ließ die Reform des Gründungszuschusses dann doch noch am 22. 11. 2011 passieren. Der Vermittlungsausschuss hatte sich allerdings zuvor u. a. darauf verständigt, die Förderung der Einstiegsqualifizierung zu erhalten. Arbeitgeber, die eine betriebliche Einstiegsqualifizierung durchführen, können somit durch Zuschüsse zur Vergütung bis zu einer Höhe von 216 € monatlich zuzüglich eines pauschalierten Anteils am durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitrag der oder des Auszubildenden gefördert werden. Außerdem wurde die ursprünglich beschlossene Kürzung der Förderdauer für ältere Arbeitnehmer wieder gestrichen.

Familienpflegezeit kommt

Der Bundesrat hat am 25. 11. 2011 das Gesetz über die Familienpflegezeit gebilligt. Damit soll Betroffenen ermöglicht werden, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, ohne allzu hohe Einkommenseinbußen hinzunehmen. Das entsprechende Gesetz tritt zum 1. 1. 2012 in Kraft. Die Einzelheiten im Überblick:

  • Gehaltsvorschuss vom Arbeitgeber: Die Familienpflegezeit sieht vor, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden verringern können, wenn sie einen nahen Angehörigen pflegen. Möglich ist das für höchstens zwei Jahre. Um die Einkommenseinbußen, die durch die Reduzierung der Arbeitszeit entstehen, abzufedern, erhalten sie eine Lohnaufstockung. Wer z. B. von einer Vollzeit- auf eine Halbzeitstelle reduziert, erhält 75 % seines letzten Bruttoeinkommens. Nach der Pflegephase wird die Arbeit wieder im vollen Umfang aufgenommen. Die Beschäftigten bekommen aber weiterhin nur ihr abgesenktes Gehalt, und zwar so lange, bis der Gehaltsvorschuss des Arbeitgebers „abgearbeitet“ ist.
  • Bund gewährt Firmen zinslose Darlehen: Den Vertrag über die Familienpflegezeit schließen die betroffenen Beschäftigten mit ihrem Arbeitgeber; das Gesetz bietet nur den Rahmen. Über die staatliche KfW-Bankengruppe erhalten Arbeitgeber ein zinsloses Darlehen für die Aufstockung des Gehalts. Dieses Darlehen zahlen die Arbeitgeber zurück, wenn die Beschäftigten wieder voll arbeiten, aber weiter nur ein reduziertes Gehalt erhalten.
  • Beschäftigte müssen Versicherung abschließen: Beschäftigte müssen für die Familienpflegezeit eine Versicherung abschließen. Diese minimiert die Risiken einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeit für ihren Arbeitgeber. Die Kosten dafür sollen bei etwa 10 bis 15 € im Monat liegen.

STEUERRECHT

Unternehmer

Musterverfahren zum Körperschaftsteuerguthaben

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein Verfahren zum Körperschaftsteuerguthaben vorgelegt. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob neben der Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens auch ein Anspruch auf Erstattung des Solidaritätszuschlags besteht. Diese Entscheidung ist für alle Kapitalgesellschaften bedeutsam, die Ende 2006 aus der Zeit des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens noch über ein Körperschaftsteuerguthaben verfügen.

Hintergrund: Von 1977 bis Ende 2000 wurde das Einkommen von Körperschaften nach dem Anrechnungsverfahren versteuert. Der Gesetzgeber entschied sich im Jahr 2000 für einen Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Im Rahmen der Übergangsvorschriften wurde das aus dem alten System noch vorhandene Körperschaftsteuerminderungspotenzial zu einem Körperschaftsteuerguthaben.

Die Auszahlung des Guthabens erfolgte beginnend mit dem Jahr 2008 in zehn gleichen Jahresraten. Dabei wird das Guthaben nicht verzinst und auch der entsprechende Solidaritätszuschlag nicht erstattet. Kapitalstarke Unternehmen, die über ausreichend Gewinn oder Einlagen verfügten, konnten hingegen über eine Gewinnausschüttung das Körperschaftsteuerguthaben sofort nutzen. Dadurch minderte sich auch ihre Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag, sodass diese Unternehmen auch beim Solidaritätszuschlag sparten. Andere Unternehmen müssen hingegen bis zum Jahr 2017 warten, bis ihnen das Guthaben aus dem alten Anrechnungsverfahren komplett erstattet wird – und zwar ohne Minderung beim Solidaritätszuschlag, weil eine entsprechende Regelung im Solidaritätszuschlagsgesetz fehlt. Die Richter des BFH halten diesen Mechanismus für verfassungswidrig und haben das Verfahren bis zu einer Entscheidung durch das BVerfG ausgesetzt.

Firmenjubiläum und Geschäftsführergeburtstag

Die Kosten einer GmbH für eine Feier, bei der gleichzeitig das fünfjährige Firmenjubiläum und der Geburtstag des Gesellschafter-Geschäftsführers gefeiert werden, sind als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln und daher nicht absetzbar. Dies hat das Finanzgericht Berlin- Brandenburg (FG) entschieden.

Hintergrund: Grundsätzlich zählen alle Kosten einer GmbH zu den Betriebsausgaben, da sie keinen Privatbereich hat und daher keine Entnahmen tätigen kann. Betreffen Kosten aber den Privatbereich eines Gesellschafters, kann der Betriebsausgabenabzug durch den Ansatz einer sog. verdeckten Gewinnausschüttung neutralisiert werden; die GmbH muss die Kosten dann im Ergebnis versteuern.

Streitfall: Eine GmbH lud ihre Arbeitnehmer und Geschäftsfreunde zu einer Feier ein. Anlass der Feier war sowohl das fünfjährige Firmenjubiläum der GmbH als auch der 50. Geburtstag ihres Gesellschafter-Geschäftsführers, der mit 50 % an der GmbH beteiligt war. Dessen Freunde und Bekannte waren nicht eingeladen. Die GmbH machte die Kosten für die Feier als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt korrigierte dies hingegen durch den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg wies die Klage der GmbH ab und begründete dies wie folgt:

  • Die Feier war sowohl privat als auch geschäftlich veranlasst: Einerseits gab es einen betrieblichen Anlass, weil die GmbH ihr fünfjähriges Firmenjubiläum feierte. Andererseits war sie privat veranlasst, weil die Feier aufgrund des 50. Geburtstags des Gesellschafter-Geschäftsführers ausgerichtet wurde. Die Einladung enthielt das Firmenlogo und weist auf beide Anlässe gleichrangig hin.
  • Daher bestand ein grundsätzliches Abzugs- und Aufteilungsverbot. Dieses Verbot gilt nur dann nicht, wenn die Kosten nach objektivierbaren Kriterien aufgeteilt und anteilig dem betrieblichen und privaten Bereich zugeordnet werden können. Diese Zuordnung war im Streitfall aber nicht möglich, weil die Gäste sowohl das Firmenjubiläum als auch den 50. Geburtstag gleichzeitig feierten.

Hinweise: Für die GmbH hätte es im Streitfall ggf. ratsam sein können, zwei Feiern auszurichten:

  1. eine kleine Feier anlässlich des 50. Geburtstags ihres Gesellschafter-Geschäftsführers, deren Kosten als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln gewesen wären, und
  2. eine große Feier aus Anlass des fünfjährigen Firmenjubiläums, deren Kosten als Betriebsausgaben hätten abgesetzt werden können, ohne dass der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung droht.

Anders hätte das FG im Übrigen entschieden, wenn es sich um die Kosten für einen Fremdgeschäftsführer gehandelt hätte. Dieser ist nicht an der GmbH beteiligt, und das Finanzamt hätte keine verdeckte Gewinnausschüttung ansetzen dürfen.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

ELStAM startet 2013

Das neue Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) verschiebt sich auf den 1. 1. 2013. Dies bedeutet: Haben sich die Verhältnisse gegenüber 2010 bzw. 2011 nicht geändert, gelten die bisherigen Lohnsteuerabzugsmerkmale fort; hier besteht kein Handlungsbedarf. Nur bei Änderungen ab dem 1. 1. 2012 wird der Gang zum Finanzamt notwendig. Im Detail sieht die Übergangsregelung wie folgt aus:

  • Gültigkeit der Lohnsteuerkarte 2010/Ersatzbescheinigung 2011 im Jahr 2012: Die Lohnsteuerkarte 2010 sowie eine vom Finanzamt ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011 (sog. Ersatzbescheinigung 2011) bleiben weiterhin gültig. Sie bilden für den Arbeitgeber die Grundlage für die Berechnung der Lohnsteuer im Jahr 2012.
  • Was tun bei einer Änderung der Verhältnisse gegenüber 2010/2011? Weichen die auf der Lohnsteuerkarte 2010 bzw. der Ersatzbescheinigung 2011 eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Religionsmerkmal, Faktor) von den tatsächlichen Verhältnissen zu Beginn des Jahres 2012 ab, können Arbeitnehmer dem Arbeitgeber das Mitteilungsschreiben des Finanzamts zur „Information über die erstmals elektronisch gespeicherten Daten für den Lohnsteuerabzug (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale)“ vorlegen, das dann allein (!) maßgeblich für den Lohnsteuerabzug ist. Sind die Angaben in dem Mitteilungsschreiben unzutreffend bzw. nicht alle notwendigen Informationen enthalten (beispielsweise fehlt ein Freibetrag wegen höherer Werbungskosten), sollte der Arbeitnehmer beim Finanzamt eine Änderung beantragen. Das gleiche gilt, wenn erstmals für 2012 eine Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale eintritt. Der vom Finanzamt daraufhin erstellte Ausdruck der ab dem Jahr 2012 gültigen ELStAM ist dann dem Arbeitgeber vorzulegen.

Wichtig: Das Mitteilungsschreiben und der Ausdruck des Finanzamts sind für den Arbeitgeber allerdings nur dann maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 bzw. die Ersatzbescheinigung 2011 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitgebers vorliegt (Steuerklassen I bis V).

  • Keine Lohnsteuerkarte 2010/Ersatzbescheinigung 2011 vorhanden: Diese Neu-Arbeitnehmer müssen beim Finanzamt eine „Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2012“ beantragen und diese dem Arbeitgeber vorlegen.

Alle Steuerzahler

Erbschaftsteuerreform auf dem Prüfstand

Hintergrund: Seit dem 1. 1. 2009 gewährt ein neues Erbschaftsteuerrecht u. a. erhebliche erbschaftsteuerliche Begünstigungen, wenn Betriebsvermögen (nicht Privatvermögen!) vererbt wird. So wird für Betriebsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen ein sog. Verschonungsabschlag von 85 % oder sogar von 100 % abgezogen. Außerdem wurden im Jahr 2009 Geschwister, Neffen und Nichten genauso hoch besteuert wie fremde Dritte – mit 30 %. Erst ab 2010 wurde der Steuersatz für Geschwister, Neffen und Nichten auf 15 % herabgesetzt, während er für fremde Dritte bei 30 % blieb.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun aufgefordert, einem Revisionsverfahren beizutreten, das das seit 2009 geltende Erbschaftsteuergesetz betrifft:

  • Zum einen erscheint fraglich, ob der einheitliche Steuersatz von 30 % in 2009 sowohl für Geschwister, Neffen und Nichten als auch für Fremde verfassungsgemäß ist.
  • Zum anderen will der BFH prüfen, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, dass durch geeignete Gestaltungen die Erbschaftsteuer in erheblichem Umfang vermieden werden kann. So kann durch Einlage des zu vererbenden Vermögens in eine GmbH & Co. KG oder GmbH die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen herbeigeführt werden.

Das BMF muss nun zur Verfassungsmäßigkeit des neuen Erbschaftsteuergesetzes Stellung nehmen. Der BFH wird dann prüfen, ob er das Erbschaftsteuergesetz für verfassungswidrig hält. Der aktuelle Beitrittsbeschluss des BFH deutet darauf hin, dass er die Regelungen für verfassungswidrig halten wird. Er kann dies aber selbst nicht verbindlich feststellen, sondern müsste die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, da nur dieses verbindlich die Verfassungswidrigkeit feststellen kann.

Vorsteuerabzug bei Installation einer Photovoltaikanlage

Privatpersonen, die den Solarstrom ihrer Photovoltaikanlage verkaufen, sind Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne. Sind sie keine Kleinunternehmer, müssen sie daher Umsatzsteuer auf das Entgelt für den Strom ans Finanzamt abführen. Im Gegenzug können sie die Vorsteuer für die Errichtung der Photovoltaikanlage und für die Errichtung oder Instandsetzung des Gebäudes, auf dem sich die Anlage befindet, geltend machen. Die Höhe des Vorsteuerabzugs Vorsteuerabzugs ist bei Gebäuden, für die der Bauantrag bis zum 31. 12. 2010 gestellt wurde, von der Nutzung des Gebäudes abhängig. Die Einzelheiten erörterte nun der Bundesfinanzhof (BFH) in drei Fällen:

Streitfälle: Im 1. Fall errichtete der Kläger einen Holzschuppen, auf dessen Dach er die Anlage installierte; der Schuppen selbst stand leer. Im 2. Fall installierte der Kläger die Anlage auf einem neu errichteten Carport, den er für das Unterstellen seines privaten Kfz nutzte. Im 3. Fall deckte der Kläger das Dach seiner Scheune neu ein und installierte auf dem Dach die Anlage; die Scheune stand leer.

Entscheidungen: Bei Gebäuden, für die der Bauantrag bis zum 31. 12. 2010 gestellt wurde, ist hinsichtlich der Höhe des Vorsteuerabzugs zu unterscheiden:

  • Bei Neubauten kann der Unternehmer die Photovoltaikanlage sowie das gesamte Gebäude seinem Unternehmen zuordnen und dann die gesamte Vorsteuer für die Herstellungskosten der Anlage sowie des Gebäudes geltend machen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass das Gebäude zu mindestens 10 % unternehmerisch und im Übrigen privat genutzt wird.
  • Ist dies der Fall (wie im Fall 2), muss der Unternehmer im Umfang der Privatnutzung eine sog. Wertabgabe der Umsatzsteuer unterwerfen.
  • Steht das Gebäude hingegen teilweise leer (wie im Fall 1 und 3), ist der Vorsteuerabzug insoweit nicht möglich. Dies gilt unabhängig davon, ob das Gebäude zu mindestens 10 % unternehmerisch genutzt wird.
  • In den Fällen, in denen das Gebäude nur instand gesetzt wurde (wie im Fall 3), kommt es auf den Anteil der unternehmerischen Nutzung nicht an. Hier ist also der volle Vorsteuerabzug möglich, es sei denn, das Gebäude steht teilweise leer; insoweit scheidet dann ein Vorsteuerabzug aus. Eine teilweise Privatnutzung wäre hingegen für den Vorsteuerabzug unschädlich.
  • Der Umfang der unternehmerischen Nutzung bestimmt sich im Übrigen nicht nach den genutzten Innen- und Dachflächen des Gebäudes. Entscheidend sind vielmehr fiktive Mieten, die bei einer gedachten Vermietung der Innenflächen sowie des Daches erzielt werden könnten (sog. Umsatzschlüssel). Anhand des Verhältnisses der fiktiven Miete für das Dach zur Gesamtmiete für das Gebäude (Dach und Innenbereich) bestimmt sich somit der unternehmerische Umfang. Dieser ist dann bei Neubauten wegen der 10-%-Grenze und in Fällen des teilweisen Leerstands für die Höhe des Vorsteuerabzugs relevant.

Wichtig: Bei Gebäuden, für die der Bauantrag erst nach dem 31. 12. 2010 gestellt wurde, ist der Vorsteuerabzug nur noch in Höhe des unternehmerisch genutzten Teils des Gebäudes möglich. Im Gegenzug muss aber auch eine private Mitbenutzung des Gebäudes nicht mehr als Wertabgabe versteuert werden. Die 10-%-Grenze bleibt jedoch bei Neubauten weiterhin relevant. Denn ein Vorsteuerabzug entfällt insgesamt, wenn der Unternehmer das Gebäude zu weniger als 10 % für die Produktion und den Verkauf von Solarstrom nutzt.